Handwerk und Politik im Gespräch zur Landtagswahl: „Wir wollen die Zukunft mitgestalten“
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(Kiel/Molfsee) Nachwuchs- und Fachkräftemangel, hohe Material- und Energiepreise sowie Lieferengpässe – das Handwerk kämpft aktuell mit diversen Herausforderungen. Welche Unterstützung es dabei seitens der Politik erwarten kann, wollten Handwerksvertreter bei der Veranstaltung Klönschnack mit Talkrunde wissen. Die Kreishandwerkerschaft Kiel (KH Kiel) hatte dazu eingeladen.
Rund 80 Gäste aus Handwerk, Politik, Bildung, Verwaltung, Wirtschaft und den verschiedensten Verbänden und Interessensvertretungen fanden sich im Drathenhof in Molfsee ein. Handwerkerinnen und Handwerker hatten in den vergangenen zwei Jahren zum Teil mit erheblichen Einschränkungen sowie Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie zu tun. „Gerade, als wir nun Anfang dieses Jahres Grund zur Hoffnung hatten, die Einschränkungen absehbar hinter uns lassen zu können, erschütterte uns der Angriff Russlands auf die Ukraine“, führte Hartmut Klotz, Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft Kiel und Friseurmeister, in seiner Begrüßung aus. Dieser Krieg führe zu einer humanitären Katastrophe und zu unabsehbaren Umwälzungen. Es gelte zunächst, dort zu unterstützen, wo es möglich sei. „Es gibt dennoch hinreichende Gründe, warum wir heute trotz herausfordernder Zeiten zusammenkommen“, so Klotz weiter. „Wir Handwerkerinnen und Handwerker wollen die Zukunft mitgestalten, unsere Fähigkeiten sowie Kreativität einbringen und zur Weiterentwicklung des Landes beitragen.“ Stadtrat Gerwin Stöcken überbrachte Grußworte der Stadt Kiel und freute sich über die medizinischen Masken im Ukraine-Design, die auf der Veranstaltung ausgeteilt und mit deren Kauf die Kreishandwerkerschaft Kiel für die Aktion Deutschland hilft gespendet hatte.
Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher?
In der kompakten, einstündigen Talkrunde waren Tobias von der Heide für die CDU, Thomas Hölck für die SPD, Lasse Petersdotter für das Bündnis 90/Die Grünen sowie Kay Richert für die FDP beteiligt. Hans-Wilhelm Hansen (Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft Kiel und Kfz-Meister) und Simone Speck (Vizepräsidentin der Handwerkskammer Lübeck und Malermeisterin) nahmen als Repräsentanten des Handwerks teil. Der Moderator Christopher Scheffelmeier fragte Hans-Wilhelm Hansen gleich zu Beginn der Runde nach der aktuell größten Herausforderung für das Handwerk. „Wir brauchen Nachwuchs“, lautete Hansens Statement. „Wir bekommen immer weniger Bewerbungen, das Interesse an einer dualen Ausbildung im Handwerk ist zu gering und die Qualität der Bewerber reicht noch dazu häufig nicht aus“, ist er alarmiert. „Die Politik muss Hilfestellung leisten: An Gymnasien findet sich im Lehrplan keine Zeit für handwerkliches Arbeiten und Lehrkräfte sind häufig selbst kaum über Berufe im Handwerk geschult“, so Hansen weiter.
Ein weiteres hochaktuelles Thema ist der Materialmangel und die hohen Energie- sowie Rohstoffpreise. Simone Speck von der Handwerkskammer Lübeck berichtete: „Für viele Rohstoffe werden nur noch Tagespreise abgegeben, sodass es Handwerksbetrieben unmöglich gemacht wird, Angebote an ihre Kunden weiterzugeben“, schilderte sie die schwierige Lage. „Außerdem sind viele Materialien – zum Beispiel Holz, Bitumen oder Stahl – zum Teil gar nicht lieferbar.“ Das könne bedeuten, dass Betriebe Kurzarbeit anmelden müssten – und das trotz voller Auftragsbücher.
Auch wenn einige Themenbereiche bundes- und nicht landespolitisch anzugehen sind, fand ein reger Austausch zwischen Handwerk und Politik statt – auch nach der Talkrunde in Einzel- und Tischgesprächen.
„Es ist wichtig, dass wir uns Gehör verschaffen, damit sich in diesen bewegten Zeiten auch etwas zugunsten des Handwerks bewegt“, sagte KH-Vorstandsmitglied Hartmut Klotz. „An dieser Stelle wird auch deutlich, welch‘ hohen Stellenwert das organisierte Handwerk hat. Damit wir gemeinsam für unsere Interessen einstehen.“